Hinfahrt...
Es ist Samstag, der Samstag an dem ich anlässlich der Porsche Club Days zum ersten Mal eine Rennstrecke besuchen will. Die Hinfahrt zum knapp 100km entfernen Hockenheimring macht Laune, denn die Autobahn ist wenig befahren, und ein fetter BMW macht für mich die linke Spur frei - ich klebe problemlos hinter ihm und sehe zum ersten Mal mehr als 240 km/h auf dem Tacho meines Boxster. Der Wagen kann freilich noch mehr.
Ankunft...
Am Gelände angekommen parke ich wie geheissen beim Hotel Motodrom. Aus einem weissen BMW, der mir kurz vorher schon gezeigt hat wo's zur Rennstrecke geht (statt zu den Besucherparkplätzen), steigt ein ortskundiger Fahrer, stellt fest dass die Unterführung geschlossen ist, und dass wir aussen herum hinfahren müssen. Ich folge ihm einfach. BMW Fahrer beginnen mir sympathisch zu werden, irgendwas scheint heute komisch. Wir fahren Richtung Rennstrecke. Ein Mazda MX-5 drängt sich zwischen meinen neuen Freund und mich. Der Fahrer des Mazda MX-5 vor mir palavert endlos mit dem Kontrolleur, und sein blondes Weibchen guckt bös, er muss scheinbar was zahlen. Dann bekommt er schliesslich eine orange Karte und fährt weiter. Ich zücke meinen PCD Ausweis. "Geradeaus". Na dann fahr ich mal geradeaus. Auf dem Gelände bin ich völlig planlos. Wo kann ich parken? Wo sind die Boxen? Wo ist die Rennstrecke? Der Mazda vor mir kann sich nicht entschliessen und blockiert mich minutenlang, der Typ nervt mich allmählich. Ich beschliesse *irgendwo* zu parken wo Platz ist. Wie sich später herausstellt war das keine so schlechte Wahl (nahe am Ende der Boxengasse bei der Wurst-und-Fritten-Bude).
Orientierung...
Mit dem ausgedruckten Plan des Fahrerlagers finde ich mich in wenigen Minuten zurecht. Das will was heissen. Ich bin jemand, der sich in der Tiefgarage vom Einkaufszentrum verläuft und sein Auto nicht mehr findet. Die Boxengasse ist aber schnell gefunden und plötzlich wird mir klar: Hey! Ich bin im Fahrerlager vom Hockenheimring und flaniere gerade zur Box unserer Clubs, wie geil ist das denn! Hier kommt man bestimmt nicht immer so einfach hin! Das Gelände des Fahrerlagers erweist sich beim Begehen als sehr viel übersichtlicher als ich zunächst dachte und ich werde in Box Nr 12 herzlich von den Clubmitgliedern begrüsst. Die haben auch alles aufgebaut was das Herz begehrt, Biertischgarnituren, Kühlschrank (gut gefüllt), Kaffee-Automat, Brötchen und Wurst und Käse, ich fühle mich wohl und stärke mich erstmal.
Rennkulisse...
Die Rennen sind eine ganz neue Erfahrung für mich. Ich muss z.B. erstmal lernen, die Autos zu fotografieren - die sind immer schon aus dem Bild wenn meine Kamera auslöst. Die Geräuschkulisse ist sehr individuell, die Fahrzeuge klingen so unterschiedlich, dass man Rundenzeiten mit verbundenen Augen nehmen könnte. Es kreischt, es brummelt, es dröhnt, es röhrt, es grollt, teilweise irre laut, aber manchmal fährt auch einer vorbei, den man fast gar nicht hört, und keineswegs langsam. Ich stelle mich in der Boxengasse an's Gitter, zücke mein iPhone und nehme Rundenzeiten. Die Pro-Fahrer schaffen die 4,574 km Streckenlänge in 1 Min 44 Sekunden, das macht dann eine *Durchschnittsgeschwindigkeit* von 158 km/h, Sakra!
Gegen Mittag fahren in einer Rennpause Porsches im Opa-Tempo über den Ring. Fehlt nur noch der Wackeldackel und die Häkel-Klorolle auf der Hutablage. Das war das "Porsche-Schnuppern", die kriegen den Ring gezeigt. Verdammt dass ich das verpasst habe, das wäre genau mein Ding gewesen. Die sind gemütlich hinter einem Safety-Car den Ring abgefahren, da war ich echt neidisch! Das Angebot auf dem Gelände ist verführerisch. Die Porsche Zentren wollen was bieten. Das Slalomfahren mit einem weissen Boxster ist gut besucht. Das Kennzeichen (ES-P) macht klar worum es geht. Probefahrten mit Elfer-Cabrio, Boxster, Panamera, Cayenne, auch noch wahlweise mit PDK oder Schaltung. Ich widerstehe nur knapp der Versuchung (meine Frau begeht vermutlich einen Lustmord, wenn ich nach knapp 9 Monaten Porsche mit einem neuen Modell schwanger gehe). Es gibt Taxifahrten mit Porsche-Instruktoren in den Rennpausen. Ich wollt's erst machen, habe dann aber nur zugeschaut wie die "Taxis" fahren, und werde es erst machen, wenn ich genug Kotztüten dabei habe.
Unsere PCRM Jungs sticht nachmittags allmählich der Hafer, das Gleichmässigkeitsfahren am Sonntag ist ja noch lange hin, und so wird sich zum freien Fahren angemeldet. Ich widerstehe der Versuchung. Cpt Kirk fährt sehr gleichmässig 2:22 und Elmo fährt 2:11 - mit meinen geschätzten 5:55 wäre ich ja mehr mit dem Blick in den Rückspiegel beschäftigt als mit der Ideallinie auf der Strecke. Als ein Fahrer das Kiesbett in der Einfahrt zur Sachs Kurve streift, sehen wir von der Tribüne aus eine Zeitlang nur noch einen Sandsturm... aber Kai und Michel kriegen die Einschläge auf die Frontscheibe. Bei Kai's Auto sah das aus wie Einschüsse von einem Luftgewehr. Was sich dann noch an Gummi auf der Front der Fahrzeuge wiederfindet lässt mich froh sein, nicht mitgefahren zu sein. Mein Boxsti ist doch gerade neu lackiert und poliert ey!
Rückfahrt...
Auf der Heimfahrt revanchiere ich mich bei einem mir folgenden BMW Fahrer und mache die Strecke frei,indem ich penetrante Linksfahrer mit freundlicher Lichthupe (OHNE dicht aufzufahren!!) zum Spurwechsel bewegen kann. Er holt dann immer wieder auf, obwohl er die mittlerweile 250 km/h auf meinem Tacho gar nicht halten kann. Ich hätte beinahe an diesem Wochenende einen positiven Eindruck von BMW-Fahrern mitgenommen. Doch als vor mir ein Schleicher auf der linken Spur meiner Lichthupe keine Reaktion zollen wollte, und der BMW mich und den Schleicher rechts überholte, und sich dann haarscharf in die Lücke zwischen Schleicher und Vom-Schleicher-Überholter nach links drängte... da habe ich mich schon gefragt, welcher <censored> sowas nötig hat. Am BMW lag's nicht.
Impressionen....
Das war schon etwas unerwartet für mich und ich habe mich schrittweise herangetastet. Die Atmosphäre war geradezu familiär. Auf dem gesamten Fahrergelände habe ich mich völlig frei bewegt, und ich wurde nie schief angeschaut oder gar verscheucht wenn ich mit meiner Knips-Kamera den Fahrzeugen und den Leuten auf den Pelz gerückt bin. Die fanden das alle normal, dass jemand durch ihre Box latscht den sie gar nicht kennen, und dass der mit einem Dauergrinsen im Gesicht Fotos von Autos, Leuten, Situationen knipst. Nächstesmal werde ich viel mehr Leute anquatschen.
Lessons learned....
Beizeiten wissen, was wann wo mit wem und wie stattfindet, ist der Schlüssel zum happy Event. Da hätte ich mir vom Club bisschen mehr Erfahrungshilfe gewünscht, denn aus den Bezeichnungen im Plan konnte ich gar nicht erkennen, welches Event was genau bedeuted. Den Ring mal ohne Risiko abfahren, diesen Wunsch hatte ich paarmal in anderen Forenbeiträgen erwähnt - trotzdem konnte mir keiner einen Hinweis auf das Porsche-Schnuppern geben, schade. Ich werde gerne mithelfen, sowas künftig transparenter zu machen.
ps: Frank, wenn Du mich nochmal so sauertöpfisch doof guckend fotografierst wenn ich kaum wach bin, dann jage ich Dich mit der Kamera!